microTEC Südwest: Guten Tag, Frau Dr. Harendt, bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor.
Dr. Harendt: Mein Name ist Christine Harendt, ich leite bei IMS CHIPS das Geschäftsfeld Halbleiterintegration und beschäftige mich dort seit über 30 Jahren mit Halbleiterprozessen und verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsthemen in diesem Bereich. In den letzten Jahren liegt der Fokus meiner Arbeiten im Bereich flexible und hybride elektronische Systeme. Vor meiner Tätigkeit in Stuttgart habe ich nach meinem Studium in Berlin dort in der physikalischen Chemie im Bereich Festkörperoberflächen und Katalyseforschung promoviert.
microTEC Südwest: Wie sind Sie erstmalig mit microTEC Südwest in Berührung gekommen?
Dr. Harendt: IMS CHIPS ist Gründungsmitglied seit 2005 und hat die Entwicklung von microTEC Südwest von Anfang an intensiv begleitet. Wir waren an den Bemühungen und Anträgen für den Spitzencluster microTEC Südwest seit 2007 beteiligt und haben auch in der Förderphase 2010 bis 2015 an diversen Themen und Aufgaben mitgewirkt, in den Leuchtturmprojekten und den Querschnittsthemen. Die Vernetzung der InnBW Institute Hahn Schickard, NMI und IMS CHIPS in den PRONTO Projekten war eines unserer Schwerpunkte. Viele der damaligen Initiativen haben sich nach der Phase der Spitzenclusterforschung weiterentwickelt und sind in Kooperationen mit Industriepartnern und andere Forschungsvorhaben übergegangen. Unser Arbeiten zu Hybriden Systemen in Folie (HySiF) wurden im Spitzencluster im Verbund mit Industrie- und Forschungspartnern begonnen und sind inzwischen die Basis diverser Kooperationen und Anwendungen.
microTEC Südwest: Könnten Sie nun bitte auch Ihr Institut vorstellen? Was macht das IMS CHIPS genau und wer sind Ihre Kunden?
Dr. Harendt: Das Institut für Mikroelektronik Stuttgart (IMS CHIPS) ist eine gemeinnützige Stiftung des Landes Baden-Württemberg und betreibt wirtschaftsnahe Forschung und nach internationalen Standards qualifizierte Kleinserienproduktion auf den Gebieten Silizium-Technologie, Anwenderspezifische Schaltkreise (ASIC), Nanostrukturierung und Bildsensorik und engagiert sich in der beruflichen Weiterbildung.
Das Institut ist Teil der Innovationsallianz Baden-Württemberg, sieht sich als Partner kleiner und mittlerer Unternehmen und arbeitet mit international führenden Halbleiterunternehmen und Zulieferern zusammen. Unter der Leitung von Prof. Joachim Burghartz verfügt das Institut über 100 hochqualifizierte Mitarbeiter, die ihre Expertise und deren Umsetzung für die Industrie einbringen.
Also in Kürze: Wir forschen und produzieren für innovative Anwendungen der Mikroelektronik und Nanotechnologie und stehen als Teil der Innovationsallianz Baden-Württemberg für Technologietransfer in die Wirtschaft.
microTEC Südwest: Welche Aktivitäten im microTEC Südwest-Netzwerk sind für Sie besonders wertvoll und warum?
Dr. Harendt: Der wichtigste Aspekt für uns ist die Vernetzung mit den MST Mitgliedern und das Kennenlernen neuer Themen, Bedarfe und Industriepartner. Neben den Fachgruppen bieten die Veranstaltungen und vor allem die Clusterkonferenz hervorragende Möglichkeiten, sich mit alten und neuen Partnern auszutauschen und sich über Trends und aktuelle F&E Themen zu informieren. Ebenso die Möglichkeiten zur Information über Webseite, Newsletter etc. finde ich wertvoll, auch als Forum für uns zur Präsentation unserer Arbeiten und Angebote. Dazu nutze ich auch ab und zu den Kompetenzatlas, um nach Dienstleistungen oder verfügbarer Geräteausstattung in der Region zu suchen.
microTEC Südwest: Welche Bedeutung messen Sie unseren Fachgruppen zu?
Dr. Harendt: Die Treffen der Fachgruppen sind für mich sehr wichtige und immer wieder inspirierende Termine, die sowohl die fachliche Information über die Kompetenzen und neuen Themen der Mitglieder und meist sehr interessanten Gäste als auch die Diskussion mit den Fachgruppenmitgliedern bieten. Es freut mich besonders, dass auch für die nun schon langanhaltenden Pandemieeinschränkungen ein gutes Format gefunden wurde, um die Treffen regelmäßig stattfinden zu lassen und interessant zu gestalten. Allerdings hoffe ich wie sicher die meisten auf baldige Präsenstreffen, denn die Besichtigungen der Einrichtungen und technischen Möglichkeiten der verschiedenen Gastgeber war immer ein besonderes Highlight. Wertvoll ist auch der Austausch mit den Fachgruppenmitgliedern über aktuelle Projekte und neue Ausschreibungen.
microTEC Südwest: Was würden Sie sich noch wünschen von microTEC Südwest?
Dr. Harendt: Ich fände es sehr gut, wenn die Fachgruppenarbeit fortgesetzt wird, sich den aktuellen Themen anpasst und so auch neue Teilnehmer und Mitglieder gewonnen werden können. Meine Wünsche sonst: weiter so gute und inspirierende Veranstaltungen, hoffentlich auch wieder in Präsenz und ein aktives Netzwerk.
microTEC Südwest: Nun noch ein paar Fragen zu Ihnen als Person. Was fasziniert Sie an Ihrem Fachgebiet/Ihrem Aufgabenspektrum beim IMS CHIPS?
Dr. Harendt: Ich fand von Beginn an die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Vielfalt der Themen am IMS spannend und herausfordernd. Der Austausch mit Chipdesignern und Systementwicklern auf der einen und die praktischen Herausforderungen der Siliziumtechnologieforschung im Reinraum auf der anderen Seite bilden ein breites und faszinierendes Spektrum für die eigenen Beiträge. Im Rahmen meiner Tätigkeiten war ich in Projekte aus den Bereichen Leistungselektronik, Bildsensorik, MEMS, medizinische Diagnostik, Weltraumanwendungen, Industrieautomatisierung und vieles mehr eingebunden und konnte vielfältige Einblicke gewinnen. Besonders interessant ist dabei auch der Austausch mit den Partnern aus Industrie und Forschung in nationalen und internationalen Forschungsvorhaben.
microTEC Südwest: Wo in Stuttgart und Umgebung halten Sie sich am liebsten auf?
Dr. Harendt: Ich wohne im Enzkreis und bin deshalb auch oft im Nordschwarzwald oder Kraichgau unterwegs, beides wunderschöne Landschaften mit vielen Möglichkeiten für Spaziergänge und Wanderungen. Ich nutze, wenn es pandemiebedingt wieder möglich ist, gern das kulturelle Angebot von Karlsruhe und Stuttgart, vor allem im Bereich Musiktheater und Ballett, aber auch das Pforzheimer Stadttheater hat ein vielfältiges Programm.
microTEC Südwest: Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in die Zukunft wagen. Was denken Sie, wird sich, sagen wir in 50 Jahren, bemerkenswert geändert haben? Haben Sie eine Vision?
Dr. Harendt: Der Blick in die Glaskugel ist schwierig, aber ich denke, wir werden, eine friedliche politische Lage vorausgesetzt, sehr selbstverständlich mit künstlicher Intelligenz umgehen und die Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt meistern müssen. Die Klimaveränderung wird erhebliche technologische Anstrengungen nötig machen und nachhaltiges Wirtschaften erzwingen, was aus meiner Sicht technische Innovationen befördern wird. Der Bereich der Lebenswissenschaften wird sicher einer der bedeutenden Wachstumsmärkte und Innovationstreiber sein.
microTEC Südwest: Welche Themen werden im Jahr 2050 Ihrer Meinung nach besonderes Gewicht haben?
Dr. Harendt: Aus meiner Sicht wird das das Themen "Nachhaltigkeit", insbesondere im Hinblick auf Wasser und Energie, aber auch Rohstoffe (u.a. Lithium) sein. Ein weiteres Thema wird die individualisierte Diagnostik sowie angepasste Technologien für Prävention, Medizin und Therapie sein, die die klassischen Verfahren weitgehend ersetzt haben werden.
microTEC Südwest: Herzlichen Dank für die Zeit, die Sie sich genommen haben, um unserer Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen eine gute Zeit, viel Erfolg und schöne Weihnachtsfeiertage.