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    24.06.2020

    Künstliche Intelligenz für die Medizintechnik

    Gedrucktes Gefäßphantom mit eingeführtem Führungsdraht für einen Katheter.
    Gedrucktes Gefäßphantom mit eingeführtem Führungsdraht für einen Katheter. Fraunhofer IPA/Foto: Vanessa Stachel
    • Mittelständische Medizintechnikunternehmen in Baden-Württemberg sollen schon bald Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Weiter- oder Neuentwicklung ihrer Produkte nutzen. Das Know-how dazu stellen die Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB des Fraunhofer IPA und die Universitätsmedizin Mannheim im Anwendungszentrum für Intelligente Maschinen in der Medizintechnik (ANIMMED) bereit. Im Rahmen des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg fördert das Land ANIMMED und weitere sieben Projekte mit insgesamt 13,9 Millionen Euro.

      Mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI oder AI – Artificial Intelligence) können Maschinen in komplexen Situationen automatisch analysieren, entscheiden oder steuern. Diese Eigenschaften machen KI-Systeme für den Einsatz in der Medizin besonders relevant: Intelligente Methoden ermöglichen heute bereits in der Praxis die Analyse gewaltiger Datenmengen in der Diagnostik, die ein Mensch nicht mehr bewältigen kann.

      Auch Medizingeräte können durch den Einsatz von intelligenten Methoden automatisiert werden. Somit können Geräte die klinischen Anwendungen wesentlich effizienter machen und Ärzte effektiver unterstützen. Ohne den Einsatz von KI erscheint heute jedoch eine Automatisierung von Medizingeräten in den meisten klinischen Anwendungen kaum möglich. Der Grund liegt in der natürlichen Vielfalt des menschlichen Organismus, seiner Verletzlichkeit und der komplexen Biologie des menschlichen Körpers. Der Mensch beherrscht diese Komplexität und Variabilität. Er fällt Teilentscheidungen und regelt Elemente im medizinischen Prozess, seine Ressourcen können jedoch durch die Hilfe von intelligenten Maschinen deutlich erweitert werden. Automatisierung durch KI-Systeme wird daher heute als technischer Schlüssel für eine zukünftige effiziente Präzisionsmedizin betrachtet.

      Trotz dieser Erwartungen stehen außer in wenigen diagnostischen Bereichen, beispielsweise der Radiologie und Dermatologie, nur vereinzelte, eingeschränkte KI-Anwendungen vor dem Einsatz in der klinischen Anwendung. Die Möglichkeiten der KI im Einsatz für die Steuerung medizintechnischer Geräte und Instrumente bleiben heute in der klinischen Praxis noch weitgehend unerschlossen.

      Dabei sind die Voraussetzungen für die Umsetzung von KI-Lösungen in der Medizintechnik geschaffen. KI-Softwarebibliotheken und Algorithmen, eine ausreichende Speicherkapazität und die notwendige Rechnerleistung stehen heute bereits zur Verfügung. Hinzu kommen eine leistungsfähige Messtechnik und bezahlbare Computertechnik zusammen mit neuen Materialien, Antriebskonzepten, aber auch neuen klinischen Ansätzen, sodass intelligente Maschinen in Form von Geräten oder Instrumenten für die Medizin realisiert werden könnten.

      Vorteile von KI in der Medizintechnik

      Verschiedene Projekte der Mannheimer Projektgruppe haben gezeigt, dass KI in der Klinik als Schlüsseltechnologie für die intelligente Steuerung von Maschinen, d. h. Instrumenten, Geräten oder Systemen wie Robotern von zentraler Bedeutung ist. Mit Hilfe von KI können Maschinen zukünftig Ärzte auch bei kritischen Aufgaben und der Steuerung komplexer Abläufe in der Klinik unterstützen, indem sie Prozesse sogar automatisch übernehmen und das Personal bedarfsgerecht entlasten. So wird es möglich, Prozesse der Pflege, Diagnose und Intervention optimal auf die individuelle Situation des Patienten abzustimmen und gleichzeitig effizient zu gestalten. Damit bleibt die medizinische Versorgung trotz zusätzlicher Kosten für die erforderliche digitale Infrastruktur auch in Zukunft bezahlbar.

      Trainingsdaten sind entscheidend

      Zu den entscheidenden Punkten der KI-Anwendung für Medizinprodukte zählt der Zugang zu den Trainingsdaten. Denn lernfähige KI-Systeme für intelligente Geräte und Instrumente sollen mit großen Datenmengen trainiert werden, die valide sind. Das bedeutet, die Daten stellen die Realität mit einer ausreichenden Genauigkeit dar und sind im Hinblick auf das berechnete Ergebnis überprüfbar. Speziell für medizintechnische Anwendungen lassen sich solche großen Datenmengen nur im klinischen Alltag oder in extrem realitätsnahen Szenarien und Simulationen gewinnen. An dieser Anforderung scheitert in den meisten Fällen die Entwicklung von KI-Systemen in der Medizin. Der Aufwand für Unternehmen wird zu groß. Damit schließt sich der fehlerhafte Kreis: Weil konkret greifbare Anwendungen fehlen, können Machbarkeit und Nutzen von KI-Lösungen aktuell durch Praxisbeispiele nicht in ausreichendem Umfang nachgewiesen werden. So kommt die Entwicklung von Anwendungen nur schwer voran.

      Best-Practice-Demonstratoren und kliniknahe Entwicklungsmethoden

      ANIMMED bricht durch Best-Practice-Demonstratoren und das Angebot von kliniknahen Entwicklungsmethoden diesen Teufelskreis: Anhand von drei Demonstratoren für medizintechnische KI-Systeme evaluiert ANIMMED die eigene KI-Entwicklungsmethodik und nutzt gleichzeitig die Ergebnisse als Referenzprojekte. Die enge Vernetzung der Partner und deren Lage auf dem Campus der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) bietet dafür ein optimales Ökosystem: Die Mediziner und die Einrichtungen der UMM, das Heinrich-Lanz-Zentrum (HLZ) als Spezialist für die Datengewinnung aus klinischen Quellen und die Fraunhofer-Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB mit ihrer Erfahrung als KI-Anwendungsentwickler und Betreiber des Mannheimer Medical Transfer Centers M2TC, bilden als etablierte, vernetzte Struktur die Grundlage für eine zügige operative Projektdurchführung.

      Anwendungszentrum für Intelligente Maschinen in der Medizintechnik (ANIMMED)

      Der Aufbau des Entwicklungs- und Anwendungszentrums in den vorhandenen Einrichtungen der Fraunhofer-Projektgruppe und des HLZ fördert den Einsatz von KI für die Medizintechnik. Auf dem Gelände des Universitätsklinikums Mannheim unterstützt ANIMMED Medizintechnikunternehmen bei der Entwicklung, dem Training und der Adaption von KI-Lösungen für intelligente medizinische Geräte und Instrumente.

      13,9 Millionen Euro für den Gesundheitsstandort Baden-Württemberg

      Außer dem Anwendungszentrum für Intelligente Maschinen in der Medizintechnik fördert das Wirtschaftsministerium weitere 7 Projekte mit insgesamt 13,9 Millionen Euro. Nachdem der Ministerrat am 21. April der Förderung im Rahmen des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg zugestimmt hat, begründete Baden- Württembergs Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut die Entscheidung: »Innovative Ideen und Projekte sind der Schlüssel für eine leistungsfähige Gesundheitsbranche im Land. Gerade in Krisenzeiten gilt es, diese Kompetenzen ständig weiterzuentwickeln und auch für die Zukunft zu sichern. Mit den ersten acht Projekten werden wir diese Schlüsseltechnologien maßgeblich voranbringen – zum Wohle der Patienten und zugunsten des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg.«

      Steckbrief

      ANIMMED – Anwendungszentrum für Intelligente Maschinen in der Medizintechnik
      Projektstart: 1. Mai 2020
      Fördersumme: 1 579 318 Euro Förderung im Rahmen des Forum Gesundheitsstandort BW
      Fördergeber: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden- Württemberg
      Projektpartner: Fraunhofer-Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB (LEAD), Heinrich-Lanz-Zentrum für Digitale Gesundheit (HLZ)

      PAMB – Die Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie des Fraunhofer IPA an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg wurde bereits 2011 vom Land Baden-Württemberg und der Fraunhofer-Gesellschaft eingerichtet. Die Mission von PAMB ist die Erforschung und Entwicklung von automatischen und in Zukunft autonomen Prozessen und Systemen für die Diagnostik und Intervention.

      Weiterhin forscht die Projektgruppe an der Realisierung von intelligenten, diagnostischen Prozessen durch neue Messverfahren und Methoden der Probenanalyse zur Effizienzsteigerung und Verbesserung der klinischen Gesundheitsversorgung.

      Eine mittlerweile mehrjährige Erfahrung und die umfassende Laborinfrastruktur mit einem experimentellen Interventionsraum sowie der direkte Zugang zu den klinischen Einrichtungen durch den Standort auf dem Campus des Universitätsklinikums Mannheim ermöglichen den direkten Transfer von Technologien und Produkten in die klinische Praxis und Anwendung.

      HLZ – Heinrich-Lanz-Zentrum für Digitale Gesundheit

      Ein einzelnes Universitätsklinikum produziert alleine rund 350 000 Datenelemente am Tag. Das HLZ an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg sieht seinen Auftrag darin, den zum größten Teil ungehobenen Datenschatz aus Krankenversorgung und Forschung mittels Data Science zu erschließen. Die Analyse großer Datenmengen aus der biomedizinischen Forschung und Patientenversorgung ist eine wichtige Grundlage für eine präzise, auf die einzelne Person abgestimmte Prävention, Diagnostik und Therapie. Als Teil des mit den Mitteln der Medizininformatik-Initiative des BMBF geförderten MIRACUM-Konsortiums (Medical Informatics for Research and Care for University Medicine) befasst sich das HLZ am Standort Mannheim beispielsweise mit der Optimierung der Patientenrekrutierung für klinische Studien mittels besserer Datennutzung, einem Prädiktionstool für Asthma/COPD und Neuroonkologie sowie mit der Einrichtung eines Molekularen Tumorboards, das eng mit der klinischen Versorgung vernetzt ist.

      weitere Informationen

      Forum Gesundheitsstandort BW

      Universitäsmedizin Mannheim

      IPA Fraunhofer

    • Marketingkontakt

      Julia Mahl
      Marketing
       
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