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    30.06.2020

    Mitgliederinterviews - Prof. Sikora

    Prof. Dr. Axel Sikora
    Prof. Dr. Axel Sikora Axel Sikora
    • microTEC Südwest: Guten Tag, Herr Prof. Sikora, bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor

      Prof. Sikora: Oh je, diese Selbstvorstellungen finde ich immer furchtbar und langweilig, wenn Sie mich betreffen. Bei anderen ist es immer das erste, was ich lese …. Außerdem ist es immer ein bisschen schwierig, meine unterschiedlichen Hüte unter einen Hut zu bekommen.

      Ich bin seit 2011 an der Hochschule Offenburg, wo ich das Institut für verlässliche Embedded Systems und Kommunikationselektronik (ivESK) aufgebaut habe. Die hauptsächlichen Themen dort sind die Entwicklung und die Validierung von sicheren, echtzeitfähigen, effizienten Kommunikationsprotokollen für das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT).

      Seit 2016 bin ich zusätzlich an das Hahn-Schickard Institut für Mikro- und Informationstechnik in Villingen-Schwenningen delegiert, wo ich als stellvertretender Institutsleiter den Bereich Software Solutions aus der Taufe heben durfte. Hier geht es vor allem um den „Cyber-Anteil“ von cyber-physischen Systemen (CPS), also auch wieder um die Datenkommunikation. Zusätzlich aber auch um die Datenmodellierung, die Absicherung der Kommunikation, sowie um die Analyse von Daten mit Algorithmen des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz.

      Darüber hinaus kümmere ich mich noch um mehrere Spin Offs. Und eine weitere reizvolle Aufgabe, die aber auch viel Zeit benötigt, ist die Weiterentwicklung der weltweit führenden Fachkonferenz und –messe für Embedded Systeme, die ich als Chairman der embedded world Conference begleite.

      Und dann bin ich natürlich auch noch bei microTEC Südwest aktiv – insbesondere als der akademische (Elfenbeinturm)-Sprecher der Fachgruppe „Smart Systems“.



      microTEC Südwest: Wie sind Sie erstmalig mit microTEC Südwest in Berührung gekommen?

      Prof. Sikora: Das war in 2013, als die Fachgruppen ins Leben gerufen wurden und ich leichtsinnigerweise zu einem Kickoff-Meeting nach Offenburg eingeladen hatte.



      microTEC Südwest: Könnten Sie nun bitte auch Ihr Unternehmen vorstellen? Was machen Sie, wer sind Ihre Kunden?

      Prof. Sikora: Sowohl an der Hochschule als auch bei Hahn-Schickard steht die Angewandte Forschung im Vordergrund. Es geht im Wesentlichen darum, mit innovierenden und innovativen Unternehmen Lösungen zu konzipieren, zu implementieren und zu validieren, mit denen Produkte und Dienste ins Internet der Dinge integriert werden können.
      Dies machen wir am Hochschulinstitut mit einem tollen Team von gegenwärtig vierzehn Mitarbeitern und vielen Studierenden eher ein bisschen grundlegend in Bezug auf Kommunikationsprotokolle. Bei Hahn-Schickard in Villingen-Schwenningen haben wir die einmalige Möglichkeit, die gesamte Wertschöpfungs- und Informationskette vom Sensorelement bis zur Cloud unter einem Dach zu vereinen. Auf diese Weise können wir beim Systementwurf mit den Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Bereichen aus dem Vollen schöpfen.
      Die Projektpartner sind meistens kleine und mittelständische Unternehmen – oft aus dem Ländle, oft aber auch darüber hinaus. Natürlich gibt es auch viele Kooperationen mit Großunternehmen und mit anderen Forschungseinrichtungen und Universitäten – insgesamt ein einmaliges Netzwerk.



      microTEC Südwest: Welche Aktivitäten im microTEC Südwest-Netzwerk sind für Sie besonders wertvoll und warum?

      Prof. Sikora: Wie bereits erwähnt, engagiere ich mich bei microTEC Südwest vor allem in unserer Fachgruppe, die seit mittlerweile sieben Jahren aktiv ist und genau diesen Aspekt der Systementwicklung im Fokus hat. Über die Jahre haben sich schon viele gute Diskussionen und Ideen hieraus entwickelt. Und das soziale Netzwerk ist natürlich extrem wichtig.



      microTEC Südwest: Welche Bedeutung messen Sie unseren Fachgruppen zu?

      Prof. Sikora: Die Fachgruppen sind die Grundlage für sowohl die fachliche Arbeit als auch für das Miteinander im Netzwerk. Diese sind in ihrem Zuschnitt und in ihrer Intensität für mich auch einmalig – vielleicht sogar weltweit.



      microTEC Südwest: Was würden Sie sich noch wünschen von microTEC Südwest?

      Prof. Sikora: Für microTEC Südwest wünsche ich mir viele Finanzierungsquellen, um die professionelle, immer angenehme und zielgerichtete Arbeit weiter voran zu treiben. Gerade in der heutigen Zeit mit immer volleren Schreibtischen und einer immer höheren Arbeitsbelastung braucht es umso mehr die Anstupser, die Netzwerker und die Moderatoren, die Prozesse in Gang bringen.



      microTEC Südwest: Nun noch ein paar Fragen zu Ihnen als Person. Was fasziniert Sie an Ihrem Fachgebiet/Ihrem Aufgabenspektrum an der Hochschule Offenburg und bei Hahn-Schickard?

      Prof. Sikora: Oh je, noch so eine schwierige Frage: Mich fasziniert so viel, dass es sehr schwer zusammen zu fassen ist.
      Es gibt zum einen die fachliche Faszination, Themen und Entwicklungen aufgreifen und vorantreiben zu können.
      Dann gibt es die kindliche Freude, Systeme konzipieren und implementieren zu können, und nachher zu sehen, dass es funktioniert.
      Und schließlich – oder ist es doch vielleicht das wichtigste? – ist es die Faszination, diese fachlichen Aufgaben im Team bearbeiten und lösen zu können. Mit allen Höhen und Tiefen.



      microTEC Südwest: Wo in Offenburg, bzw. in Villingen-Schwenningen halten Sie sich am liebsten auf?

      Prof. Sikora: Die Tage in den Instituten sind immer extrem durchgetaktet, sodass kaum Zeit für etwas Anderes bleibt. Wenn ich dann wieder zu Hause in den Weinbergen und Obstwiesen des Markgräfler Lands bin und von der Terrasse auf die Silhouetten von Schwarzwald, Vogesen und Kaiserstuhl blicke, erinnere ich mich wieder, dass es auch ein Leben außerhalb von Forschung, Projekte und Gremien gibt. Meist schwinge ich mich dann auf den Sattel oder schnüre die Wanderschuhe ….



      microTEC Südwest: Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in die Zukunft wagen. Was denken Sie, wird sich, sagen wir in 50 Jahren, bemerkenswert geändert haben? Haben Sie eine Vision?

      Prof. Sikora: Ich glaube, dass es eine wesentliche Herausforderung sein wird, die Komplexität der modernen vernetzten Welt im Griff zu halten. Dabei müssen die Systeme nicht einmal „künstlich intelligent“ sein, dass man bereits heute nicht mehr komplett versteht, warum sie sich in manchen Situationen so verhalten, wie sie sich verhalten. Wir sprechen von Dependable Systems, also von Systemen, die von vielen Parametern und anderen Systemen abhängen. Ich hoffe, dass wir hier in 50 Jahren deutlich weiter sein werden.
      Darüber hinaus müssen wir im Bereich der Benutzerschnittstellen, der intuitiven Bedienbarkeit deutlich besser werden. Techniken der Augmented Reality (AR) und der Virtual Reality (VR) stecken heute noch in den Kinderschuhen.

      Und natürlich hoffe ich, dass der Digital Divide in unserer Welt kleiner wird. Dies gilt sowohl in unserem kleinen deutschen oder europäischen Kosmos als auch in der gesamten Welt. Wir versuchen, mit vielen internationalen Projekten einen kleinen Beitrag zu leisten.



      microTEC Südwest: Welche Zukunftsthemen werden in diesem Jahr Ihrer Meinung nach besonderes Gewicht haben?

      Prof. Sikora: Im Moment dominiert natürlich Corona die gesamte Diskussion. Auch wenn dies kein originäres Mikroelektronikthema ist, so werden uns doch mindestens zwei Aspekte deutlich vor Augen geführt:
      •    Die Bedeutung leistungsfähiger mikroelektronischer Systeme für die Analyse von Zuständen und Infektionen, für die Erkennung von Viren, für das adaptive Verständnis unserer Umwelt wird immer wichtiger.
      •    Die Bedeutung der internet-basierten Vernetzung nimmt rasant zu.


      microTEC Südwest: Möchten Sie unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?

      Prof. Sikora: Das ist so eine Frage, bei der unsere Kinder immer Reißaus nehmen, wenn Ihnen der Papa etwas explizit auf den Weg geben will. Ich mache das lieber unausgesprochen ….
      Ich versuche es aber trotzdem: Unsere Welt wird nur dann besser (oder zumindest nicht schlechter), wenn jeder mitmacht. Eine saubere Welt gibt es nur dann, wenn wir keine dreckigen Systeme bauen oder kaufen. Ein sicheres Internet der Dinge gibt es nur dann, wenn wir keine unsicheren Systeme bauen oder kaufen. Interoperabilität gibt es nur dann, wenn wir keine proprietären oder geschlossenen Systeme bauen oder kaufen. Ein besseres Miteinander gibt es nur dann, wenn wir „zusammen schaffen“. Usw. usw.



      microTEC Südwest: Herzlichen Dank für die Zeit, die Sie sich genommen haben, um unserer Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen eine gute Zeit und viel Erfolg.